Bautzen/Budyšin - 28.02.2022

Ungewöhnlicher Fund: handschriftliches sorbisches Gesangbuch in Australien entdeckt

Eine Historikerin und ein Sprachwissenschaftler des Sorbischen Instituts untersuchen aktuell eine bisher unbekannte Gesangbuchhandschrift, die jüngst in Australien entdeckt wurde. Die Ergebnisse werden im Laufe des Jahres der Öffentlichkeit vorgestellt (SI informiert rechtzeitig).

Ende des Jahres 2021 wandte sich die Leiterin des lutherischen Archivs (Lutheran Archives) in Adelaide, Rachel Kuchel, mit einem höchst interessanten Fund an das Sorbische Institut in Bautzen. In den Beständen ihres Archivs konnte ein handschriftliches sorbisches Buch identifiziert werden. Dieses war früher als tschechisch markiert, jetzt aber durch einen glücklichen Zufall als obersorbische Handschrift erkannt worden.

Das Buch beinhaltet auf 107 Seiten 27 obersorbische handgeschriebene Kirchenlieder. Das längste von ihnen umfasst 20 Strophen. Besonders bemerkenswert ist die sehr saubere Handschrift, die sich an gedruckten Schriften orientiert. Dem Gesangbuch beigefügt sind die erste Ausgabe der sorbischen Missionszeitung von Handrij Palman aus dem Jahr 1817 und ein mehrseitiger sorbischer Druck von Chorälen aus dem Jahre 1802, der nicht in der Bibliographie der sorbischen Zentralbibliothek registriert war. Es ist davon auszugehen, dass das in Australien entdeckte Buch zu Beginn des 19. Jahrhunderts entstanden ist und von sorbischen Auswanderern mit nach Australien genommen wurde. Bislang konnten jedoch weder der Besitzer des Buches identifiziert, noch dessen Weg in das lutherische Archiv in Adelaide rekonstruiert werden.

„Das handschriftliche Gesangbuch gibt einen einmaligen Einblick in die Welt erweckten Sorben, die sich Lieder und Texte für ihre Hausandachten häufig selbst übersetzten und zusammenstellten – und schließlich auch in die neue Welt mitnahmen. Zugleich ist dieses handschriftliche Buch interessantes Zeugnis des sorbischen Schrifttums, steht es doch an der Grenze zwischen handschriftlicher und gedruckter Überlieferung,“ so Dr. Lubina Mahling, Historikerin am Sorbischen Institut. Gemeinsam mit Dr. Fabian Kaulfürst untersucht sie das Buch nun aus historischer und sprachwissenschaftlicher Perspektive. Die Ergebnisse werden im Laufe des Jahres der Öffentlichkeit in der Lausitz und Australien präsentiert.