Lebendiges Kulturerbe entdeckt
Ein Bericht von Stephanie Bierholdt:
(Kirchspiel Schleife) – Am 24. Mai waren 14 Vertreter des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz e.V., die in sächsischen Museen oder im kulturpraktischen Bereich tätig waren und sind, zu Gast in der Lausitz. Die Veranstaltung, organisiert von Dr. Ines Keller und Stephanie Bierholdt vom Sorbischen Institut, führte die Teilnehmenden zu drei Stationen des sorbischen Kulturerbes: dem sorbischen Friedhof in Rohne, dem Sorbischen Kulturzentrum in Schleife und dem Schusterhof in Trebendorf.
An jeder dieser Stationen standen die Formen des immateriellen Kulturerbes im Mittelpunkt. Seit 2020 ist die Friedhofskultur in Deutschland im bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes gelistet. Der Eintrag umfasst Friedhofsgestaltung, Trauer- und Erinnerungsrituale sowie Bestattungspraxis. Exemplarisch wurden auf dem Rohner Friedhof die sorbischen und sorbisch-deutschen Inschriften der historischen Grabmale besichtigt, die in ihrer Vielzahl heute eine Besonderheit in der Region darstellen. In den 1980er Jahren wurden ca. 50 von mehr als 100 weitgehend verfallenen und unbeachteten Grabmalen erstmals dokumentiert. Anfang der 1990er Jahre wurden diese und weitere geborgen und an der Rohner Friedhofskapelle gelagert. 2009 erfolgte eine umfassende Bestandsaufnahme durch Trudla Malinkowa, damals Mitarbeiterin des Sorbischen Instituts.
Im Sorbischen Kulturzentrum Schleife (SKC) ging es um die lebendige Pflege sorbischer Bräuche und Traditionen, darunter das Tragen von Trachten, das Spielen von Musik und die Anwendung und Weitergabe der sorbischen Sprache. Das SKC bietet vielfältige Möglichkeiten zur aktiven Mitgestaltung. Unter fachlicher Anleitung probierten sich einige der Teilnehmenden erstmals im Verzieren von Ostereiern in der Wachsbatiktechnik aus. Die Bräuche der Sorben/Wenden im Jahreslauf, die seit 2014 im bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes stehen, schufen den Übergang zu einem aktuellen Vorhaben des Sorbischen Instituts. Aus dem Projekt „Praktiken immateriellen Kulturerbes in der Niederlausitz“ wurden erste Ergebnisse vorgestellt. Dazu gibt es bald auf dem Wissensportal des Sorbischen Instituts SORABICON unter dem Namen „Žywe kulturne derbstwo/Lebendiges Kulturerbe“, eine stetig wachsende Sammlung zur Vielfalt kultureller Praktiken in der Niederlausitz zu entdecken.
Der Besuch des kulturwissenschaftlich interessanten Schusterhofs in Trebendorf rundete das Treffen ab. Mitglieder der Domowina-Ortsgruppe Trebendorf um Angelika Balzke begrüßten die Teilnehmenden. Einst musste der Schusterhof dem Tagebau weichen und wurde 2010 an seinen heutigen Standort verlegt. Aktuell ist der Hof ein Bildungsort für Schulklassen, Familien und Interessierte. Das ausschließlich ehrenamtlich arbeitende Team zeigt, wie traditionelles Handwerk und ländliche Lebensweisen mit modernen Vermittlungsmethoden kombiniert werden können. Die Teilnehmenden lernten den Hof als ein anschauliches Beispiel für die nachhaltige Pflege und Vermittlung immateriellen Kulturerbes der Region kennen. Daneben bot die Exkursion den Gästen vom Landesverein Sächsischer Heimatschutz eine gute Gelegenheit sich auszutauschen und zu vernetzen.
Die Veranstaltung fand im Rahmen des Teilprojekts „Praktiken immateriellen Kulturerbes in der Niederlausitz“ innerhalb des Gesamtvorhabens „Digitales Portal zu sorbischen und Lausitzer Sprach- und Kulturlandschaften“ statt, das durch die Stiftung für das sorbische Volk aus Mitteln des Bundesministeriums des Innern und für Heimat aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert wird.